Verlag Versorgungswirtschaft GmbH - page 24

seits und der Bädergesellschaft B mbH (im Folgenden: BB)
andererseits in der Zeit vom 23.7.2011 bis zum 1.6.2012 ein
steuerlicher Querverbund i.S.d. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG
bestand. Die Klägerin, deren Alleingesellschafterin die Stadt
B ist, hält 99% der Anteile an der BB. Weitere Gesellschafte-
rin der BB ist mit 1% die Stadt B. Zwischen der Klägerin als
Organträgerin und der BB als Organgesellschaft bestand eine
körperschaftsteuerliche, gewerbesteuerliche sowie umsatz-
steuerliche Organschaft.
Entsprechend der am 5.7.1995 erteilten verbindlichen Aus-
kunft erfüllt die technisch-wirtschaftliche Verflechtung durch
die Zusammenfassung und Einbringung der BgA in die BB im
energietechnischen Verbund mit dem Versorgungsbetrieb
der Klägerin die Voraussetzungen des R 5 Abs. 9 KStR (heute:
§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG). Der energietechnische Verbund
war durch die Errichtung eines BHKW im Hallenbad C her-
gestellt, das neben der Wärmeversorgung auch der Erzeu-
gung elektrischer Energie dienen sollte. Betreiber des BHKW
war die BB.
Im Jahr 2004 stellte die BB den Betrieb des BHKW ein, da
eine notwendige Reparatur aufgrund nicht mehr zu beschaf-
fender Ersatzteile nicht möglich war. Stattdessen wurden im
Hallenbad C zwei mit Gas betriebene Heizkessel installiert,
mit denen der Wärmebedarf des Hallenbades C abgedeckt
und darüber hinaus drei in der Nähe errichtete Stadtvillen
mit 35 Wohneinheiten mit Wärme beliefert wurden. Hinsicht-
lich der steuerrechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes
stellte die Klägerin ebenfalls einen Antrag auf Erteilung einer
verbindlichen Auskunft, den der Beklagte am 29.6.2004 posi-
tiv beschied.
Im Jahr 2010 begann die BB mit dem Bau eines neuen Hal-
lenbades in B, dem H-Bad. Um den bestehenden steuerlichen
Querverbund beizubehalten, war im H-Bad ein Biogas-
BHKW errichtet worden. Bei Öffnung des H-Bades für den
Publikumsverkehr im September 2011 bestand unstreitig
noch keine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche
Verflechtung i.S.d. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG. Für die Reali-
sierung der technisch-wirtschaftlichen Verflechtung fehlte
die direkte hydraulische Anbindung des Biogas-BHKW an
das Wärmeversorgungssystem des H-Bades und die hydrau-
lische Einbindung von zwei Brennwertwärmetauschern in
den Abgasführungen des BHKW. Die vollständige Anbindung
des Biogas-BHKW an das H-Bad erfolgte erst am 1.6.2012.
Das Hallenbad C war bereits am 23.7.2011 für den Publi-
kumsverkehr geschlossen und lediglich in Betriebsbereit-
schaft vorgehalten worden. Am 11.11.2011 hatte die Klägerin
erneut einen Antrag auf verbindliche Auskunft gestellt, den
sie am 30.11.2011 ergänzte. Der Beklagte hatte daraufhin am
14.5.2012 eine verbindliche Auskunft dahingehend erteilt,
dass der steuerliche Querverbund zwischen der Klägerin und
der BB seit der Anbindung des Biogas-BHKW an das H-Bad
am 1.6.2012 wieder bestehe. Für die Zeit vom 23.7.2011 bis
zum 1.6.2012, d.h. für den Zeitraum zwischen der Schließung
des Hallenbades C für den Publikumsverkehr und der Inbe-
triebnahme der hausinternen Wärmeversorgung im H-Bad
über das Biogas-BHKW, sei die enge wechselseitige tech-
nisch-wirtschaftliche Verflechtung und somit der steuerliche
Querverbund zu verneinen.
Im Rahmen der Veranlagung zur Körperschaftsteuer 2011 er-
kannte der Beklagte die Verlustverrechnung zwischen der BB
und der Klägerin, d.h. den steuerlichen Querverbund ab dem
23.7.2011 nicht mehr an und wies den anteiligen Verlust der
BB für den Zeitraum vom 23.7.2011 bis zum 31.12.2011 zu-
züglich außerbilanzieller Korrekturen im Körperschaftsteuer-
bescheid 2011 vom 16.1.2013 nicht der Sparte »Energie- und
Wasserversorgung«, sondern einer gesonderten Sparte zu.
Die Klägerin legte fristgerecht Einspruch ein, den der Be-
klagte mit Entscheidung vom 25.6.2014 als unbegründet zu-
rückwies. Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin
geltend, der steuerliche Querverbund sei aufgrund der vor-
läufigen Schließung des Hallenbades C für den Publikums-
verkehr nicht beendet worden.
Die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2011, den
Bescheid über die gesonderte Feststellung der verbleibenden
Verlustvorträge in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum
31.12.2011 und den Gewerbesteuermessbescheid 2011 ist
unbegründet. Im Streitzeitraum scheidet eine steuerliche Zu-
sammenfassung des Versorgungsbetriebes der Klägerin und
des Bäderbetriebes der BB mit der Folge der Verrechnung
der jeweiligen positiven und negativen Betriebsergebnisse
aus. Seit der Schließung des Hallenbades C für den Publi-
kumsverkehr mangelt es an der hierfür erforderlichen objek-
tiven engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Ver-
flechtung von einigem Gewicht i.S.d. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2
KStG.
Auch wenn kein notwendiger Funktionszusammenhang in
der Weise erforderlich ist, dass die Betriebe in ihrer Betäti-
gung gegenseitig aufeinander angewiesen sind, setzt die
genannte Verflechtung jedoch eine sachliche Beziehung der
jeweiligen Betätigungen im Sinne eines inneren wirtschaft-
lichen Zusammenhangs voraus, der nach den Anschauungen
des Verkehrs die Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen
Einheit rechtfertigt (BFH, Urteil v. 4.9.2002, I R 42/01, BFH/
NV 2003, 511). Als ausreichend für das Vorliegen einer engen
wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung von
einigem Gewicht hat die Rechtsprechung z.B. die Zwischen-
schaltung eines BHKW zwischen ein Hallenbad und einen
Versorgungsbetrieb angesehen, wenn das BHKW das Bad
mit Wärme versorgt und in Spitzenlastzeiten elektrische
Energie für die Stadtwerke erzeugt (BFH, Urteil v. 4.12.1991,
I R 74/89, BStBl 1992 II S. 432).
So war es auch im Streitfall bis zum Jahr 2004 mit dem errich-
teten BHKW, das Wärme für das Hallenbad C lieferte und zu-
gleich zur Stromerzeugung und Einspeisung in das Stromver-
teilernetz der Klägerin genutzt wurde. Nach dem Ausfall des
BHKW im Jahr 2004 erkannte der Beklagte in seiner verbind-
lichen Auskunft vom 29.6.2004 den steuerlichen Querver-
bund zwischen der Klägerin und der BB mittels den zwei gas-
betriebenen Heizkesseln weiterhin an. Die verbindliche Aus-
kunft entfaltete für das beklagte Finanzamt bis zu einer
Änderung des Sachverhalts selbst dann Bindungswirkung,
wenn sie inhaltlich falsch war, wovon der Beklagte nach sei-
ner in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsauf-
fassung ausgeht.
Die seinerzeitige verbindliche Auskunft vom 29.6.2004 stellt
für den Senat des FG Münster – unabhängig von ihrer inhalt-
lichen Richtigkeit – die Grundlage dar, anhand derer zu beur-
teilen ist, ob die Bindungswirkung der verbindlichen Aus-
kunft über den 23.7.2011 hinaus Bestand hatte. Dies ist nach
Auffassung des erkennenden Gerichts nicht der Fall. Der
später verwirklichte Sachverhalt wich bis zum 23.7.2011 von
dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder
nur unwesentlich ab. Im Hallenbad C waren – entsprechend
dem Antrag der Klägerin auf Erteilung einer verbindlichen
Auskunft – zwei Gas-Heizkessel installiert, die Wärme so-
wohl für das Hallenbad als auch die 35 Wohneinheiten in den
drei Stadtvillen lieferten. Mit der Schließung des Hallen-
bades C trat jedoch eine Änderung des Sachverhalts ein, die
nach der Auffassung des FG nicht nur unwesentlich war, so-
dass die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft vom
29.6.2004 ab diesem Zeitpunkt entfallen ist.
Zwar sind die beiden Gas-Heizkessel im vorliegend zu beur-
teilenden Zeitraum, d.h. in der Zeit vom 23.7.2011 bis zum
31.12.2011, weiterbetrieben worden und haben die drei Stadt-
villen mit Wärme versorgt sowie die Beheizung des Hallen-
bades C im Standby-Betrieb sichergestellt. Dies reicht zur Be-
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