Verlag Versorgungswirtschaft GmbH - page 13

Verpflichtet sich eine Kapitalgesellschaft (AG, KGaA, GmbH)
mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland (Organgesellschaft)
durch einen Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1
AktG, ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes gewerb-
liches Unternehmen abzuführen, so ist das Einkommen der
Organgesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen dem
Träger des Unternehmens (Organträger) zuzurechnen.
Während als
Organgesellschaft
lediglich Kapitalgesellschaf-
ten zulässig sind, können
Organträger
sowohl Kapitalgesell-
schaften, aber auch natürliche Personen und Personengesell-
schaften i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sein, sofern sie
eine Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausüben. Der
Organträger muss hierzulande unbeschränkt steuerpflichtig
sein und darf nicht zur Gänze von der Steuer befreit sein. Im
kommunalen Bereich kann die Frage diskutiert werden, ob
an Stelle einer Kapitalgesellschaft bspw. ein Kommunalunter-
nehmen als Organgesellschaft eingegliedert werden kann.
Eine kommunale Anstalt verfügt über ein Stammkapital und
ist aufgrund dessen m.E. dem Grunde nach finanziell einglie-
derungsfähig. Die Eingliederung eines Kommunalunterneh-
mens in einen Träger des Unternehmens sollte aus Gründen
der Rechtssicherheit jedoch im Vorhinein mit der Finanzver-
waltung abgestimmt sein.
2.1 Voraussetzungen der ertragssteuerlichen Organschaft
2.1.1 Finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft
Der Organträger muss an der Organgesellschaft vom Beginn
ihres Wirtschaftsjahrs an ununterbrochen in einem solchen
Maße beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte
aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht. Erst dann
ist die Organgesellschaft in den Organträger i.S.d. § 14 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 KStG finanziell eingegliedert. Diese Vorausset-
zung muss schon
zu Beginn des Wirtschaftsjahres
der Organ-
gesellschaft erfüllt sein. Wird die Beteiligung erst im Laufe
des Wirtschaftsjahres begründet, scheidet für das betreffende
Jahr eine Organschaft grundsätzlich aus. Dies gilt auch,
wenn die Übertragung der Anteile rückwirkend auf den Be-
ginn des Wirtschaftsjahres vereinbart ist.
1
Mittelbare Beteili-
gungen können eine finanzielle Eingliederung ermöglichen,
wenn die Beteiligung an jeder vermittelnden Gesellschaft die
Mehrheit der Stimmrechte gewährt.
Erheblich für die Durchsetzung seines Willens ist – auch vor
dem Hintergrund von Sinn und Zweck der steuerlichen Or-
ganschaft –, dass der Organträger in der Organgesellschaft
eine solche Stimmrechtsposition innehat, kraft der er die
Feststellung des Jahresabschlusses und die Ergebnisverwen-
dung maßgeblich bestimmen kann.
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Der Umstand, dass keine
Stimmrechtsmehrheit
besteht, kann auch nicht durch eine
eindeutige organisatorische und wirtschaftliche Verflechtung
aufgewogen werden.
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2.1.2 Vereinbarung und tatsächliche Durchführung der Er-
gebnisabführung
2.1.2.1 Vereinbarung der Ergebnisabführung
Die bürgerlich-rechtliche Wirksamkeit des Ergebnisabfüh-
rungsvertrages ist Tatbestandsmerkmal für die körperschaft-
und gewerbesteuerliche Organschaft. Das setzt voraus, dass
die
Gesellschafterversammlungen
dem Ergebnisabführungs-
vertrag zustimmen und dieser in das
Handelsregister
der
Organgesellschaft (§ 294 Abs. 2 AktG) eingetragen wird. § 14
Abs. 1 Satz 2 KStG ermöglicht, dass der Ergebnisabführungs-
vertrag rückwirkend auf den Beginn des Wirtschaftsjahres
vereinbart wird.
Im Vertrag zwischen dem künftigen Träger des Unternehmens
und der eingegliederten Gesellschaft ist zu regeln, dass die
Organgesellschaft ihren erwirtschafteten Gewinn an den Or-
ganträger abführt. Andererseits verpflichtet sich der Organ-
träger für den Verlustfall, dass er die Verluste der Organge-
sellschaft übernimmt. Im Ergebnisabführungsvertrag ist aus-
drücklich auf § 302 AktG zu verweisen.
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Der Ergebnisabfüh-
rungsvertrag ist auf
mindestens fünf Jahre
abzuschließen
(§ 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG).
Außenstehende Gesellschafter müssen einen
angemessenen
Ausgleich
(§ 304 Abs. 1 Satz 1 AktG) erhalten. Sieht der Ver-
trag keinen Ausgleich für Gesellschafter außerhalb des Or-
ganschaftsverhältnisses vor, ist er gemäß § 304 Abs. 3 Satz 1
AktG nichtig und steuerrechtlich unbeachtlich. Möglich ist
die Vereinbarung eines festen Ausgleichs, der sich nach den
Vergangenheitswerten der letzten drei bis fünf Jahre sowie
der Ertragsprognose für die Zukunft bemessen soll. Danach
kann es insbesondere bei defizitären Unternehmen im Ergeb-
nis zu einem Nullausgleich kommen.
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Soll ein BgA Organträger einer Kapitalgesellschaft sein, hat –
mangels eigener Rechtspersönlichkeit – m.E. nicht der BgA,
sondern die Trägerkörperschaft (jPdöR) für den BgA den Ge-
winnabführungsvertrag mit der einzugliedernden Kapitalge-
sellschaft abzuschließen. Nachdem ein BgA für Zwecke der
Gewinnermittlung verselbständigt ist, erlaubt zumindest das
FG Niedersachsen, dass der Ergebnisabführungsvertrag di-
rekt mit dem BgA abgeschlossen wird.
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2.1.2.2 Tatsächliche Durchführung der Ergebnisabführung
Die Ergebnisabführung muss nicht nur vereinbart, sondern
auch tatsächlich durchgeführt werden. Die von der Organ-
gesellschaft ermittelten Gewinne sind durch Zahlung oder
Verrechnung an den Organträger zu transferieren. Mangelt
es an der tatsächlichen Durchführung, ist der Ergebnisabfüh-
rungsvertrag von Beginn an mit der Folge als steuerrechtlich
unwirksam anzusehen, dass erfolgte Gewinnabführungen als
verdeckte Gewinnausschüttungen und Verlustausgleiche als
nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung quali-
fiziert werden.
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Zu erwähnen ist z.B. das Erfordernis der Verzinsung von For-
derungen und Verbindlichkeiten aus dem Ergebnisabfüh-
rungsvertrag. Demnach entsteht der Anspruch auf Ausgleich
eines Jahresfehlbetrages am Bilanzstichtag der Organgesell-
schaft und ist ab diesem Zeitpunkt nach §§ 352, 353 HGB zu
verzinsen.
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Für steuerliche Zwecke sollte es jedoch nicht
schädlich sein, falls der Ergebnisabführungsvertrag keine Re-
gelung zur Verzinsung enthält. Die Verletzung der vertragli-
chen Nebenpflicht kann »bloß« eine verdeckte Gewinnaus-
schüttung darstellen.
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2.1.3 Gewerblichkeit des Organträgers
Während der Organschaft hat die Organgesellschaft durch
einen Gewinnabführungsvertrag ihren ganzen Gewinn an
ein einziges anderes
»gewerbliches« Unternehmen
abzufüh-
ren (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG). Somit müssen die Vorausset-
zungen des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG erfüllt sein, was u.a. die
Absicht verlangt, durch das Unternehmen Gewinne zu erzie-
len.
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Gewinnerzielungsabsicht
ist die Absicht einer nachhal-
tigen Mehrung des Betriebsvermögens.
11
HEFT 1 2018
VERSORGUNGSWIRTSCHAFT
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1
BFH v. 17.10.2007, I R 39/06, BFH/NV 2008, S. 614.
2
FG Saarland v. 16.06.2015, 1 K 1109/13, EFG 2016, S. 396 (Rev. I R 51/15
unbegründet).
3
BFH v. 18.01.1967, I R 130/66, BStBl 1967 III S. 259.
4
Fuhrmann, kösdi 2008, 15992.
5
Fuhrmann, kösdi 2008, 15993.
6
FG Niedersachsen v. 02.10.1986, VI 85/84, ZKF 1987, S. 281.
7
Fuhrmann, kösdi 2008, 15993.
8
BGH v. 14.2.2005, II ZR 361/02, DStR 2005, S. 740.
9
BMF v. 15.10.2007, IV B 7 - S 2770/0, BStBl 2007 I S. 765.
10
BFH v. 02.09.2009, I R 20/09, BFH/NV 2010, S. 391, VersorgW 2011, 17,
DokNr. 11000301; BFH v. 13.09.1989, I R 110/88, BStBl 1990 II S. 24.
11
BFH v. 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl 1984 II S. 751.
1...,3,4,5,6,7,8,9,10,11,12 14,15,16,17,18,19,20,21,22,23,...36
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