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EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie beschlossen

12.04.2024 Die EU arbeitet seit 2021 an einer Neufassung der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie (Englisch: EPBD – Energy Performance of Buildings), die insbesondere aufgrund möglicher Sanierungsverpflichtungen in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert wird. Nun hat der Rat der Europäischen Union die Neufassung der EPBD förmlich angenommen. Am 12.03.2024 hatte das Europäische Parlament die Richtlinie beschlossen. Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union tritt die Richtlinie in Kraft. Damit ist in ca. 6 bis 8 Wochen zu rechnen. Danach müssen die Vorgaben innerhalb von 24 Monaten – also bis Mitte 2026 – in nationales Recht umgesetzt werden.

Die Überarbeitung der Richtlinie soll dafür sorgen, dass der Gebäudebereich in der EU zum einen bis 2030 wesentlich weniger Treibhausgasemissionen erzeugt und Energie verbraucht und zum anderen bis 2050 klimaneutral wird. Außerdem sollen mehr Gebäude mit den schlechtesten Werten renoviert werden, und auch der Austausch von Informationen über die Gesamtenergieeffizienz soll besser werden. Die Richtlinie ist Teil des Green Deals und soll als Bestandteil des sog. Fit-for-55-Pakets den rechtlichen Rahmen dafür bieten, dass ab 2030 alle in der EU errichteten Neubauten emissionsfrei sind. Nach Angaben der EU-Kommission entfallen rund 36 % der Treibhausgasemissionen in der EU auf den Gebäudesektor.

Ab 2030 sollen alle Neubauten emissionsfrei sein. Für Neubauten, die Behörden nutzen oder besitzen, soll das schon ab 2028 gelten. Bei Wohngebäuden müssen die Mitgliedstaaten den durchschnittlichen Primärenergieverbrauch mit entsprechenden Maßnahmen bis 2030 um mindestens 16 % und bis 2035 um mindestens 20 bis 22 % senken. Ein bislang wenig beachteter Punkt ist die Verpflichtung zur Berechnung und Darstellung des „Lebenszyklus-Treibhauspotenzials“ für alle Neubauten über 1.000 m² ab 2028 und für alle Neubauten ab 2030. Damit wird die Erstellung einer Ökobilanz bzw. LCA-Berechnung (Life Cycle Assessment) für alle Neubauten obligatorisch.

Bei Nichtwohngebäuden müssen von den Gebäuden mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz 16 % bis 2030 und 26 % bis 2033 saniert werden. Sofern technisch und wirtschaftlich realisierbar, müssen die Mitgliedstaaten bis 2030 schrittweise Solaranlagen in öffentlichen Gebäuden und Nichtwohngebäuden – je nach deren Größe – und in allen neuen Wohngebäuden installieren lassen. Es gibt also keine individuelle Sanierungspflicht für Wohngebäude, sondern nur allgemeine Vorgaben zur Reduktion des Energieverbrauchs über den gesamten Wohngebäudebestand. Lediglich für Nichtwohngebäude sind Sanierungspflichten für die energetisch schlechtesten Nichtwohngebäude vorgesehen.

Weitere Maßnahmen zur Dekarbonisierung von Heizungsanlagen und zum allmählichen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bei der Wärme- und Kälteversorgung sind zu ergreifen: Bis 2040 soll es keine mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizkessel mehr geben. Dieser Ausstieg ist jedoch lediglich als „indikatives Ziel“ zu verstehen. Hier haben die Mitgliedstaaten Spielräume zur Erreichung des Gesamtziels eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050. Ab 2025 dürfen eigenständige, mit fossilen Brennstoffen betriebene Heizkessel nicht mehr subventioniert werden. Weiter zugelassen sind dagegen finanzielle Anreize für hybride Heizanlagen, bei denen beispielsweise Heizkessel mit Solarthermieanlagen oder Wärmepumpen kombiniert werden.

Für landwirtschaftliche und denkmalgeschützte Gebäude sind Ausnahmen von den neuen Vorschriften möglich wie auch für Gebäude, die wegen ihres besonderen architektonischen oder historischen Wertes geschützt sind, sowie für provisorische Gebäude, Kirchen und für Gottesdienste genutzte Gebäude.

– MS –

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