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Festlegungen der BNetzA zur prozessualen Anpassung der elektronischen Marktkommunikation im Strom- und Gassektor

Digitalisierung der Energiewende:

16.01.2017 Mit ihren Beschlüssen vom 20.12.2016 haben die Beschlusskammern 6 (BK6-16-200; VW-DokNr. 17001856) und 7 (BK7-16-142; VW-DokNr. 17001857) der Bundesnetzagentur ihre Festlegungen zur Anpassung der elektronischen Marktkommunikation im Strom- und Gassektor an die Erfordernisse des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende getroffen. Nach Ablauf der im Markt notwendigen IT-Umstellungsarbeiten soll damit die Einführung intelligenter Messsysteme und moderner Messeinrichtungen mit den dafür notwendigen Marktprozessen massengeschäftstauglich unterstützt werden. Die getroffenen Regelungen werden überwiegend zum 01.10.2017 wirksam.

Am 02.09.2016 ist das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende (GDEW) in Kraft getreten. Es führt mit dem Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) umfangreiche neue Vorgaben zum Einsatz von Messtechnik im deutschen Energiemarkt und zur Kommunikation von Messwerten zwischen den Marktakteuren ein. Das GDEW sieht keine Übergangsfristen oder Einführungsszenarien vor. Kernbestandteil des MsbG ist eine künftig dezentrale Datenverteilung. Dies bedeutet, dass die Messwerte aus den jeweils beim Verbraucher bzw. Erzeuger installierten Messgeräten unmittelbar an die verschiedenen empfangsberechtigten Akteure (Verteilnetzbetreiber, Übertragungsnetzbetreiber, Lieferant, Letztverbraucher etc.) übermittelt werden sollen (sternförmige Verteilung). Dieses Konzept unterscheidet sich grundlegend von der heute am Markt etablierten Art der Datenverteilung. BNetzA war bereits Anfang 2016 gemeinsam mit den Verbänden BDEW und VKU in die Erarbeitung von Entwürfen zur Anpassung aller betroffenen Festlegungen (GPKE, GeLi Gas, WiM und MPESt) eingetreten und hat im September 2016 ein Konsultationsverfahren eingeleitet. Zahlreiche Verbände, Interessengruppen und Unternehmen haben mit Stellungnahmen reagiert.

Einführung des sog. »Interimsmodell«

Die nun getroffene Festlegung durch die BNetzA führt ein so genanntes »Interimsmodell« für die elektronische Marktkommunikation ein. Dabei wird für einen Übergangszeitraum vom 01.10.2017 bis voraussichtlich 01.10.2019 angeordnet, dass die Aufbereitung und Verteilung von Messwerten aus intelligenten Messsystemen nach MsbG zunächst wie bisher über den örtlichen Verteilnetzbetreiber organisiert wird. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass es kurzfristig (bis Oktober 2017) zu den erforderlichen Mindestanpassungen aller IT-Systeme der Netzbetreiber, Lieferanten und Messstellenbetreiber bundesweit kommen kann. Damit macht die BNetzA Gebrauch von der entsprechenden Festlegungsbefugnis im MsbG, mittels befristeter Ausnahme von der künftigen Verteilung von Messwerten direkt aus den jeweiligen Smart-Metern (sternförmige Verteilung) abzuweichen. Für den Gasbereich kann diese Ausnahme auch dauerhaft bestimmt werden.

Zudem soll durch die vorliegenden Festlegungen eine möglichst hohe Prozesshomogenität zwischen den Regelungen für den Strom- und denen für den Gassektor gewährleistet werden. Ziel war es die beiden Festlegungen, soweit rechtlich möglich, deckungsgleich auszugestalten.

Hinsichtlich der Wechselprozesse im Messwesen für den Gassektor hat die Beschlusskammer 7 die bislang geltende Regelung aufgehoben. Von einer neuen Festlegung für den Gassektor im Interimsmodell wurde abgesehen, um den Marktbeteiligten ein hohes Maß an Flexibilität bei der Implementierung des bislang inhaltlich und zeitlich primär auf den Stromsektor zugeschnittenen Regelungsrahmens zu gewähren.

Die Beschlusskammer 7 hat die Änderung der GeLi Gas in der Form einer Änderungsfestlegung erlassen. Die vorgenommenen Änderungen sind in der Anlage 1 zur vorliegenden Entscheidung im Wege des Änderungsmodus kenntlich gemacht. Um die endgültige Fassung der GeLi Gas, die sie durch die vorliegende Änderung erlangt, einfacher darstellen zu können, hat die Beschlusskammer zusätzlich eine konsolidierte Lesefassung der Prozesse erstellt. Diese bildet den Stand der ab dem 01.10.2017 anzuwendenden Prozesse ab.

Die Vorbereitung der Umstellung der gesamten Marktkommunikation auf die sternförmige Verteilung im Sinne eines so genannten »Zielmodells« wird sodann einem weiteren umfangreichen Festlegungsverfahren vorbehalten bleiben, deren Vorbereitungsarbeiten bereits unmittelbar Anfang 2017 starten. Mit der nahtlos anschließenden Erarbeitung der Prozesse für das Zielmodell ab 2020 beginnt die weitaus kritischere zweite Phase der verbändeübergreifenden Arbeit - denn ab 2020 sind dann alle Regelungen des GDEW verbindlich anzuwenden und umzusetzen. Dies betrifft u.a. die strikte Anwendung der sternförmigen Kommunikation.

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