Online-Forum für Betriebswirtschaft, Wirtschaftsrecht und Steuerrecht der Versorgungs- und kommunalen Unternehmen
Titel: Bundesfinanzhof: Der nachträgliche Einbau einer Flüssiggasanlage in ein Dienstfahrzeug erhöht nicht die Bemessungsgrundlage für die 1 %-Regelung
Behörde / Gericht: Bundesfinanzhof München (BFH; seit 1950)
Datum: 17.03.2011
Gesetz: EStG
Artikeltyp: Im Focus
Kategorien: Einkommensteuer/SolZ, Lohnsteuerrecht, Sozialversicherung
Dokumentennummer: 11000569

Bundesfinanzhof: Der nachträgliche Einbau einer Flüssiggasanlage in ein Dienstfahrzeug erhöht nicht die Bemessungsgrundlage für die 1 %-Regelung

Die bisher entgegenstehende Regelung in R 8.1 Absatz 9 Nummer 1 Satz 6 LStR 2011 ist überholt (BMF vom 17. März 2011). Damit übernimmt die Finanzverwaltung nun die bereits am 13.10.2010 ergangene Entscheidung des Bundesfinanzhofs (VI R 12/09). Der nachträgliche Einbau einer Flüssiggasanlage in ein zur Privatnutzung überlassenes Firmenfahrzeug ist nicht als Sonderausstattung in die Bemessungsgrundlage des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen. Eine Sonderausstattung im Sinne des Gesetzes liegt nur dann vor, wenn das Fahrzeug bereits werkseitig im Zeitpunkt der Erstzulassung damit ausgestattet ist. Mit dem Betrag, der nach der 1 %-Regelung als Einnahme anzusetzen ist, werden sämtliche geldwerten Vorteile abgegolten, die sich aus der Möglichkeit einer privaten Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs ergeben; unselbständige Ausstattungsmerkmale können nicht getrennt bewertet werden

Leitsätze des Bundesfinanzhofs

  1. Der nachträgliche Einbau einer Flüssiggasanlage in ein zur Privatnutzung überlassenes Firmenfahrzeug ist nicht als Sonderausstattung in die Bemessungsgrundlage des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen.
  2. Eine Sonderausstattung im Sinne des Gesetzes liegt nur dann vor, wenn das Fahrzeug bereits werkseitig im Zeitpunkt der Erstzulassung damit ausgestattet ist.
  3. Mit dem Betrag, der nach der 1 %-Regelung als Einnahme anzusetzen ist, werden sämtliche geldwerten Vorteile abgegolten, die sich aus der Möglichkeit einer privaten Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs ergeben; unselbständige Ausstattungsmerkmale können nicht getrennt bewertet werden.

Sachverhalt

Die Klägerin vertreibt Flüssiggas. Der Autoabgasabsatz erfolgt im Wesentlichen über zusätzliche Zapfanlagen an Tankstellen. Die Kontakte mit den Tankstellenpächtern bzw. mit den Kunden im Brenngasgeschäft werden über Außendienstmitarbeiter hergestellt oder aufrechterhalten. Die Klägerin versucht über verschiedene Werbeaktionen den Flüssiggasabsatz für Kraftfahrzeuge zu fördern. Bestandteil dieser Werbeaktionen ist u.a. die Ausstattung von Firmenfahrzeugen der Klägerin für den Betrieb mit Flüssiggas.

Die Klägerin stellt ihren leitenden Angestellten und Außendienstmitarbeitern kostenlos geleaste Firmenfahrzeuge zur Verfügung, die auch privat genutzt werden dürfen. Die Firmenfahrzeuge der Außendienstmitarbeiter werden in zeitlicher Nähe nach der Auslieferung der Fahrzeuge zusätzlich für den Betrieb mit Flüssiggas umgerüstet. Die Umbaukosten pro Fahrzeug in Höhe von rund 2.500 EUR trägt jeweils die Leasinggesellschaft, die diese Kosten über die Leasinggebühr abrechnet. Die Leasinggebühren, die sich nach Listenpreis, Sonderausstattungen und Umbauten richten, und alle weiteren Aufwendungen für die Firmenfahrzeuge trägt ausschließlich die Klägerin. Die auf Gasbetrieb umgerüsteten Firmenfahrzeuge erhalten einen oder mehrere Werbeaufkleber, mit denen mit den Worten "X.......", "Flüssiggas" und "Autogas" auf das Autogasgeschäft der Klägerin aufmerksam gemacht wird.

Die Klägerin rechnete die Umrüstungskosten auf den Flüssiggasbetrieb nicht in die Bemessungsgrundlage der 1 %-Regelung für die private PKW-Nutzung ein und führte diesbezüglich keine Lohnsteuer ab. Das Finanzamt war dagegen der Auffassung, dass die Umrüstungskosten in die Berechnung des geldwerten Vorteils einzubeziehen seien, da es sich insoweit nicht um ein eigenständiges Wirtschaftsgut handele, dessen Nutzbarkeit getrennt von der Möglichkeit zum privaten Gebrauch des Fahrzeugs bewertet werden könne.

Bundesfinanzhof: Durch den nachtäglichen Einbau der Flüssiggasanlage wird die Bemessungsgrundlage für die 1 %-Regelung nicht erhöht

Das Finanzgericht hat die Auffassung des beklagten Finanzamts bestätigt. Der Bundesfinanzhof gab dem klagenden Flüssiggasunternehmen recht.

Die Aufwendungen für den nachträglichen Einbau einer Flüssiggasanlage seien nicht in die Bemessungsgrundlage der 1 %-Regelung einzubeziehen. Maßgeblich sei gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG immer der Zeitpunkt der Erstzulassung. Im Streitfall seien die Flüssiggasanlagen aber erst nach der Werksauslieferung mit den Anlagen ausgestattet worden. Deshalb seien die Kosten für den nachträglichen Einbau der Flüssiggasanlage in ein zur Privatnutzung überlassenes Firmenfahrzeug nicht als Kosten für Sonderausstattung in die Bemessungsgrundlage für die sog. 1 %-Regelung einzubeziehen.

Autoren:

Fachartikel:

Erweiterte Suche