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Titel: Geänderte Regelungen zu einer beihilfekonformen Finanzierung von kommunalen Daseinsvorsorgeaufgaben sind am 31. Januar 2012 in Kraft getreten
Behörde / Gericht: EU-Kommission
Datum: 31.01.2012
Artikeltyp: Im Focus
Kategorien: Abschluss-/Wirtschaftsprüfung, Betriebswirtschaft, EU-Recht, Wettbewerbs-/Kartellrecht
Dokumentennummer: 12001300

Finanzierung von kommunalen Daseinsvorsorgeaufgaben sind am 31. Januar 2012 in Kraft getreten

Kommunale Unternehmen und Einrichtungen müssen bei ihrer Tätigkeit auch das EU-Beihilferecht beachten. Sie können sowohl auf der Geberseite wie auch auf der Empfängerseite mit dem europäischen Beihilferecht in Berührung kommen. Bislang galt hier seit 2006 das „Monti“-Paket, das auf dem Altmark-Trans-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (vom 24. Juli 2003 - Rs. C-280/00 -) beruhte. Die EU-Kommission hat am 20. Dezember 2011 ein umfassend novelliertes Maßnahmenpaket beschlossen, das teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit in Kraft tritt.

Nach umfangreichen öffentlichen Konsultationen hat die Europäische Kommission ein geändertes Paket mit EU-Beihilfevorschriften für die Prüfung öffentlicher Ausgleichsleistungen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) angenommen.

Es steht den Mitgliedstaaten weitgehend frei festzulegen, welche Dienstleistungen sie als von allgemeinem Interesse betrachten. Die Kommission muss jedoch gewährleisten, dass die für die Erbringung derartiger Dienstleistungen gewährten öffentlichen Mittel den Wettbewerb im Binnenmarkt nicht in ungerechtfertigter Weise verzerren.

Die neuen Regeln definieren grundlegende Begriffe, unter anderem Beihilfe, DAWI, wirtschaftliche Tätigkeit, Kohärenz zwischen den öffentlichen Vergabeverfahren und Nichtvorliegen einer Beihilfe. Ferner sind die Mitgliedstaaten bei bestimmten DAWI-Kategorien von der Verpflichtung, Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen bei der Kommission anzumelden, freigestellt. Die Freistellung wird von Krankenhäusern und sozialem Wohnungsbau auf eine wesentlich größere Bandbreite an Sozialdienstleistungen ausgeweitet, und für die Anmeldepflicht anderer DAWI-Tätigkeiten gilt ein geringerer Schwellenwert in Bezug auf die Ausgleichsleistung. Der Schwellenwert für die Anmeldung wurde von 30 Mio. EUR auf 15 Mio. EUR gesenkt.

Wesentliche Bestandteile des neuen Regelungspakets sind:

  • Mitteilung K(2011)9404 (Grundlage für beihilferechtliche Bewertung von Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleitungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse); neu ist u.a. eine alternative Berechnungsmethode für die Ermittlung der Ausgleichshöhe des Daseinsvorsorgeleistenden
  • Freistellungsbeschluss K(2011)9380 ohne maximale Umsatzschwellen, jedoch mit reduziertem freigestelltem Ausgleichsvolumen
  • EU-Rahmen K(2011)9406 für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen mit einer Konkretisierung von Berechnungsmethoden für beihilfenrechtlich zulässige Ausgleichshöhen bei angemeldeten Beihilfen

Noch offen ist die Anpassung der Bagatellausnahme für „De-minimis“-Beihilfen, die wegen ihres Verordnungscharakters nicht allein von der Kommission erlassen werden kann

Auch bei der öffentlichen Daseinsvorsorge sind die EU-rechtlichen Vorgaben für ordnungsgemäße Beihilfen zu beachten. Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat mit dem IDW PS 700 einen Prüfungsstandard zur Prüfung von Beihilfen nach Artikel 107 AEUV insb. zugunsten öffentlicher Unternehmen erlassen, der bei Jahresabschlussprüfungen zu beachten ist. Im Zuge der Neuregelung wird das IDW den Prüfungsstandard überarbeiten; dennoch werden auch bereits jetzt die beihilferechtlichen Vorschriften Prüfungsgegenstand bei Jahresabschlussprüfungen sein.

Das neue Legislativpaket (die drei bereits angenommenen Texte) ist zu finden unter: ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/sgei.html.

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