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Titel: Der steuerlicher Querverbund: Chancen für kommunale Unternehmen und aktuelle Entwicklungen
Datum: 01.08.2025
Artikeltyp: Aufsätze
Dokumentennummer: 25090651 ebenso Versorgungswirtschaft, Heft 8/2025, Seite 217

Der steuerlicher Querverbund: Chancen für kommunale Unternehmen und aktuelle Entwicklungen

RA, StB Marcel Reinke, Nürnberg[1]

BFH-Rechtsprechung zur Kettenzusammenfassung, beihilferechtliche Risiken am Beispiel WestVerkehr, aktuelle BMF-Verlautbarungen und politische Perspektiven zum steuerlichen Querverbund

Die Bedeutung des steuerlichen Querverbundes für die kommunale Daseinsvorsorge ist unbestritten. Seit Jahrzehnten ermöglicht dieses steuerliche Instrument den Kommunen, defizitäre, aber gemeinwohlorientierte Tätigkeiten – wie den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder den Betrieb von Bädern – über Gewinne aus wirtschaftlichen Aktivitäten, typischerweise aus der Energieversorgung, steuerlich abzufedern. Damit leistet der steuerliche Querverbund einen zentralen Beitrag zur finanziellen Stabilisierung kommunaler Infrastrukturen. Gleichzeitig steht der steuerliche Querverbund zunehmend unter Druck: Neue Entwicklungen in der BFH-Rechtsprechung – insbesondere zur sogenannten Kettenzusammenfassung – sowie aktuelle Vorgaben und Entwürfe des Bundesfinanzministeriums (BMF) und die beihilferechtliche Prüfung durch die Europäische Kommission im Verfahren „WestVerkehr“ werfen neue Fragestellungen auf. Zudem finden sich im Koalitionsvertrag 2025 zwischen SPD und CDU erstmals politische Bekenntnisse, die den Querverbund ausdrücklich stärken und weiterentwickeln sollen. Ziel dieses Beitrags ist es, die aktuellen Entwicklungen rund um den steuerlichen Querverbund umfassend zu analysieren und deren Auswirkungen für die kommunale Praxis zu bewerten.

I. Grundlagen des steuerlichen Querverbundes

Der steuerliche Querverbund erlaubt es Kommunen und ihren Eigengesellschaften, Gewinne aus einem Betrieb gewerblicher Art (BgA) mit Verlusten aus anderen BgA steuerlich zu verrechnen. Ziel ist es, die Wirtschaftlichkeit der kommunalen Gesamtstruktur zu erhalten und wichtige Leistungen der Daseinsvorsorge nicht durch steuerliche Mehrbelastungen zu gefährden.

Typische Anwendungsfälle sind die Verrechnung von Überschüssen aus der Energieversorgung mit Verlusten aus dem ÖPNV oder aus Bädern. Die Voraussetzung hierfür ist stets das Vorliegen einer engen organisatorischen, wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtung zwischen den betroffenen BgA, wobei bei der Zusammenfassung mit Bädern noch das Vorliegen einer engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung von einigem Gewicht hinzutreten muss.

Finanzielle Verflechtung liegt dann vor, wenn die betroffenen BgA im Eigentum der Kommune stehen oder von ihr beherrscht werden. Von einer wirtschaftlichen Verflechtung der zusammenzufassenden BgA muss eine wirtschaftliche Zweckbindung oder eine sonstige wirtschaftliche Abhängigkeit bestehen. Die BgA müssen in einer Weise organisatorisch verbunden sein, die eine einheitliche Leitung ermöglicht. Diese Voraussetzungen sind in der Regel dann gegeben, wenn die betreffenden BgA innerhalb der Kommune zusammengefasst werden. Sofern die Zusammenfassung über eine Beteiligung erfolgen soll, kommt es maßgeblich auf die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung an, um die vorgenannten Voraussetzungen zu erfüllen.

II. Die BFH-Rechtsprechung zur Kettenzusammenfassung

Ein zentrales Thema der jüngeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist die sogenannte Kettenzusammenfassung (auch Mitschlepptheorie genannt). Unter diesem Begriff versteht die Praxis bislang die Möglichkeit, mehrere wirtschaftlich eigenständige BgA über Zwischenstufen hinweg für Zwecke des steuerlichen Querverbundes zusammenzufassen.

Der klassische Anwendungsfall ist die Zusammenfassung mehrerer Bäder mit der Energieversorgung. Hierbei werden zunächst die defizitären Bäder in einem einheitlichen „Bäder-BgA“ nach § 4 Abs. 6 Nr. 1 KStG zusammengefasst. Sodann erfolgte die Verknüpfung dieses Bäder-BgA mit einem gewinnträchtigen Energie-BgA – etwa einem Stromnetz oder einem Stromvertrieb – um eine Verlustverrechnung zu ermöglichen. Die Besonderheit der Kettenzusammenfassung liegt dabei darin, dass die Voraussetzungen für die Zusammenfassung des Bäder-BgA und dem Energie-BgA gem. § 4 Abs. 6 Nr. 2 KStG nur für ein einziges Bad des gesamten Bäder-BgA begründet wird. In der Praxis wurde hierzu zumeist ein BHKW angeschafft, welches die Mindestvoraussetzungen für die Zusammenfassung ermöglicht, ohne dass die Voraussetzungen der Zusammenfassung gem. § 4 Abs. 6 Nr. 3 KStG auch bei den anderen im Bäder-BgA enthaltenen Bädern erfüllt waren.

Die Finanzverwaltung hatte diese Art der Zusammenfassung bisher stets akzeptiert und dies sowohl im BMF-Schreiben vom 12.11.2009 als auch in der Arbeitshilfe der OFD Karlsruhe vom 27.03.2017 zur Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art nach § 4 Abs. 6 Nr. 2 KStG mittels Blockheizkraftwerk bestätigt.

Mit Urteil vom 22.03.2022 – I R 9/19 hat der BFH dieser langjährig praktizierten Vorgehensweise jedoch eine klare Absage erteilt. Die Richter entschieden, dass eine Kettenzusammenfassung für Zwecke des steuerlichen Querverbundes nur dann zulässig ist, wenn jedes einzelne Bad innerhalb des zusammengefassten Bäder-BgA eigenständig die Voraussetzungen eines steuerlichen Querverbundes erfüllt. Damit widerspricht der BFH der bisherigen Verwaltungspraxis, die eine zusammenfassende Betrachtung auf der ersten Stufe (Zusammenfassung der Bäder) für ausreichend erachtete.

Die Entscheidung ist zwar im Kontext zu einem zusammengefassten Bäder-BgA ergangen, jedoch haben vereinzelte Finanzämter die darin liegenden Aussagen auch über diesen Fall hinaus zur Anwendung bringen wollen und nahmen an, dass die Voraussetzungen einer Zusammenfassung auch für den Fall eines zusammengefassten Energieversorgungs-BgA gelten müssten. Konkret wurde hier in Einzelfällen vertreten, dass bspw. die Gasversorgung bzw. die Gasverteilung bei einer Zusammenfassung zu einem Energieversorgungs-BgA und anschließend die Zusammenfassung dessen mit einem Bäder-BgA außen vor bleiben müssen, da zwischen der Gasversorgung bzw. der Gasverteilung und einem Bad ein steuerlicher Querverbund nicht möglich ist. Auch wenn diese Annahme den Verlautbarungen im BMF-Schreiben vom 11.05.2016 zuwiderläuft, wurde dies aufgrund der vorgenannten BFH-Entscheidung teilweise von Seiten einzelner Finanzämter vertreten.

Sollte die Finanzverwaltung daher die Linie des BFH übernehmen, droht für zahlreiche bestehende Querverbünde eine erhebliche Steuermehrbelastung. Kommunale Unternehmen müssten künftig für jedes einzelne Bad die Voraussetzungen der finanziellen, organisatorischen und wirtschaftlichen Verflechtung mit dem Energie-BgA nachweisen.

Nachdem das BMF jedoch am 06.06.2025 einen Nichtanwendungserlass bezogen auf die BFH-Entscheidung erlassen hat, ist die Anwendung dieser Entscheidung aus Sicht der Finanzverwaltung auf den entschiedenen Einzelfall beschränkt. Damit wird die bisherige Kettenzusammenfassung fortgeführt, wodurch finanzielle Belastungen für Kommunen vermieden werden können.

Aus der Erfahrung heraus bleibt jedoch abzuwarten, wie das BMF reagiert, wenn der BFH erneut in die gleiche Kerbe schlägt und der Kettenzusammenfassung erneut eine Absage erteilt.

III. Beihilferechtliche Risiken: Das Verfahren „WestVerkehr“

Die beihilferechtliche Problematik des steuerlichen Querverbundes beschäftigt die Praxis seit Jahren. Hintergrund ist die Frage, ob die Möglichkeit der Verlustverrechnung innerhalb kommunaler Strukturen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellt. Bereits im Jahr 2019 stand der steuerliche Querverbund durch das BFH-Vorlageverfahren an den EuGH (Rs. C-476/19) im Fokus der europäischen Beihilfenkontrolle. Durch die spätere Rücknahme des Revisionsverfahrens kam es damals allerdings nicht zu einer inhaltlichen Entscheidung durch den EuGH.

Mit der Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens durch die Europäische Kommission am 26.04.2024 im Fall der WestVerkehr GmbH ist die Frage nach der beihilferechtlichen Zulässigkeit des steuerlichen Querverbunds nun jedoch erneut in den Fokus gerückt. Die WestVerkehr GmbH, ein kommunales Verkehrsunternehmen im Kreis Heinsberg (NRW), finanziert die Verluste aus ihrem ÖPNV-Betrieb im Rahmen eines Querverbunds mit Gewinnen der kommunalen Energieversorgung.

Die Kommission geht der Frage nach, ob die durch den steuerlichen Querverbund ermöglichte Verlustverrechnung eine selektive, steuerlich gewährte Begünstigung darstellt, die dem Wettbewerb auf dem europäischen Binnenmarkt zuwiderläuft. Die Europäische Kommission prüft die Verlustverrechnung im Querverbund unter den klassischen vier Tatbestandsmerkmalen des Beihilferechts (staatliche Herkunft und Zurechenbarkeit, selektiver Vorteil, Wettbewerbsverfälschung und Binnenmarktrelevanz sowie wirtschaftlicher Vorteil).

Unstreitig handelt es sich bei der steuerlichen Verlustverrechnung nach § 8 Abs. 7 KStG um eine Maßnahme, die vom Staat – hier dem deutschen Gesetzgeber – stammt und ihm zurechenbar ist. Steuerliche Regelungen fallen typischerweise unter den Begriff der „staatlichen Maßnahme“ im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV.

Kern der beihilferechtlichen Problematik ist die Selektivität der Begünstigung. Hierbei stellt sich die Frage, ob die Verlustverrechnung eine allgemeine Maßnahme darstellt oder ob sie nur bestimmten Unternehmen – hier kommunalen BgA – zugutekommt.

Die Kommission könnte argumentieren, dass die Querverbundregelung ausschließlich kommunale Unternehmen privilegiert, während privatwirtschaftliche Akteure, die ebenfalls im ÖPNV oder in der Energieversorgung tätig sind, keinen Zugang zu vergleichbaren Verlustverrechnungsmöglichkeiten haben.

Die Finanzverwaltung und die kommunale Seite halten dem entgegen, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 7 KStG lediglich die besondere Struktur kommunaler Mehrspartenunternehmen abbildet und damit eine systembedingte sachliche Differenzierung enthält.

Für die Annahme einer Beihilfe reicht es nach der EuGH-Rechtsprechung bereits aus, dass die Maßnahme geeignet ist, den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Gerade im ÖPNV, wo zunehmend europaweite Ausschreibungen stattfinden und auch ausländische Verkehrsunternehmen in den deutschen Markt eintreten können, ist diese Binnenmarktrelevanz regelmäßig zu bejahen.

Der steuerliche Vorteil liegt in der Minderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage und damit in einer faktischen Reduzierung der Körperschaftsteuerbelastung der kommunalen Unternehmen. Die Kommission wird daher voraussichtlich von einem wirtschaftlichen Vorteil ausgehen.

In den Stellungnahmen zum Verfahren „WestVerkehr“ haben die kommunalen Spitzenverbände – darunter der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund sowie der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) – umfassend zur Verteidigung des steuerlichen Querverbundes Stellung bezogen.

Die Hauptargumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Systemimmanente Differenzierung: Die Querverbundregelung ist eine notwendige Folge der spezifischen verfassungsrechtlichen Stellung der Kommunen in Deutschland, die für die Daseinsvorsorge verantwortlich sind.
  • Keine Selektivität: Die Differenzierung zwischen kommunalen und privaten Unternehmen ist sachlich gerechtfertigt, da private Unternehmen typischerweise nicht in der Form mehrspartiger BgA organisiert sind.
  • Kein Vorteil im beihilferechtlichen Sinne: Der Querverbund gleicht lediglich strukturelle Defizite aus und verhindert eine Doppelbelastung der öffentlichen Hand.
  • Kein Wettbewerbsverstoß: Die Querverbundregelung zielt nicht auf eine Wettbewerbsverzerrung ab, sondern auf die Aufrechterhaltung von Leistungen der Daseinsvorsorge.

Diese Argumentation knüpft auch an frühere Urteile des EuGH an, etwa die Entscheidung in der Rs. „Eventech“ (C-518/13), in der der Gerichtshof betonte, dass Vorteile, die unmittelbar aus der Erfüllung öffentlicher Aufgaben resultieren, unter bestimmten Voraussetzungen nicht als Beihilfe gelten. Das laufende Verfahren „WestVerkehr“ ist bislang nicht abgeschlossen und es bleibt daher abzuwarten, wie die EU-Kommission dieses Verfahren am Ende bewerten wird. Sofern die EU-Kommission jedoch eine Beihilfe annehmen sollte, ist damit zu rechnen, dass diese Entscheidung gerichtlich überprüft werden wird und so am Ende des Instanzenzuges ggf. der EuGH erneut die Möglichkeit bekommt, sich mit der Beihilfekonformität des steuerlichen Querverbundes zu befassen.

IV. Der Entwurf des BMF zur Erweiterung der Querverbundmöglichkeiten

Am 07.10.2024 hat das BMF einen Entwurf eines neuen Anwendungsschreibens veröffentlicht, der alternative technische Anknüpfungspunkte für die Einbeziehung defizitärer BgA in den steuerlichen Querverbund vorsieht.

Die wichtigste Neuerung aus diesem Entwurf ist die Möglichkeit der Schaffung eines steuerlichen Querverbundes mittels Wärmepumpen, hybriden PV-Anlagen (PVT-Anlagen) und Fernwärmenetzen.

Gemäß dem Entwurf des aktuellen BMF-Schreibens kann ein kommunales Bad künftig in den steuerlichen Querverbund einbezogen werden, wenn dessen Beheizung über eine Wärmepumpe erfolgt. Die Funktion einer Wärmepumpe weist dabei konzeptionelle Parallelen zu einem BHKW auf, allerdings mit umgekehrtem Wirkprinzip: Während ein BHKW traditionell bei Netzlastspitzen – also Zeiten hoher Nachfrage – zur Entlastung des Stromnetzes hinzugeschaltet wird, erfolgt bei einer Wärmepumpe in entsprechenden Situationen eine gezielte Abschaltung. Damit die gewünschte Netzstabilisierungswirkung erreicht werden kann, ist jedoch erforderlich, dass die Wärmepumpe aktiv in die Steuerung der Lastflüsse des Stromnetzes eingebunden ist.

Im Gegensatz zu den Regelungen des derzeit noch maßgeblichen BMF-Schreibens vom 11.05.2016 sieht der aktuelle Entwurf allerdings eine wesentliche Einschränkung in Bezug auf den Versorgungsbetrieb gewerblicher Art (BgA) vor: Während bislang sowohl Stromnetzbetreiber als auch Stromvertriebsunternehmen zur Begründung eines steuerlichen Querverbundes mit einem Bad herangezogen werden konnten, soll dies bei der Verwendung einer Wärmepumpe künftig ausschließlich Stromnetzbetreibern vorbehalten bleiben.

Eine weitere, im Entwurf aufgegriffene Option zur Herstellung der erforderlichen technischen Verflechtung zwischen dem Versorgungs-BgA und dem Bad stellt der Einsatz einer hybriden Photovoltaik-Anlage dar. Im Gegensatz zur Wärmepumpe ist eine solche Anlage in der Lage, sowohl Wärme als auch Strom zu erzeugen, wodurch sie funktional einem BHKW näherkommt. Gleichwohl wird im Entwurf des BMF-Schreibens berücksichtigt, dass die durch eine hybride Photovoltaik-Anlage erzeugte Wärmemenge regelmäßig deutlich unter der eines BHKW liegt. Trotz der Doppelwirkung aus Strom- und Wärmeerzeugung folgt der Entwurf hier jedoch nicht der bisherigen Logik der Querverbundregelungen für BHKW-Anlagen: Während nach der geltenden Rechtslage sowohl Stromnetzbetreiber als auch Stromversorger als geeignete Trägerbetriebe für die Begründung eines steuerlichen Querverbundes in Betracht kommen, soll für hybride Photovoltaik-Anlagen künftig ausschließlich der Stromvertrieb als Querverbundträger fungieren dürfen.

Als dritte und besonders bemerkenswerte Alternative wird im Entwurf des BMF-Schreibens die Einbeziehung eines Bades über die Nutzung eines bestehenden Fernwärmenetzes ermöglicht. Mit dieser Neuregelung verabschiedet sich die Finanzverwaltung in bemerkenswerter Weise von der bislang durchgängig vertretenen Auffassung, dass für die steuerliche Querverbundfähigkeit zwingend ein technischer Zusammenhang mit dem Stromsektor gegeben sein muss. Dieser Paradigmenwechsel erscheint – insbesondere im Lichte der politischen Zielsetzungen der Wärmewende – nachvollziehbar und dürfte als politisch gewollt einzuordnen sein.

Allerdings knüpft der Entwurf die Querverbundfähigkeit bei Nutzung eines Fernwärmenetzes an eine Reihe konkreter technischer Voraussetzungen: So muss mindestens 80 Prozent des gesamten Wärmebedarfs des jeweiligen Bades über das betreffende Fernwärmenetz gedeckt werden. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der entsprechende Fernwärme-BgA durch ein aktives Wärmelastmanagement in der Lage ist, die Fernwärmeübergabestation bedarfsgerecht zu- oder abzuschalten. Zur zusätzlichen Absicherung der erforderlichen wechselseitigen technischen und wirtschaftlichen Verflechtung wird zudem verlangt, dass das Bad über ein Wasservolumen von mindestens 1.000 m3 verfügt.

Diese Vorgabe ist aus Sicht der kommunalen Praxis kritisch zu hinterfragen. Insbesondere bleibt unklar, weshalb ein geringeres Wasservolumen nicht ebenfalls eine hinreichende Wechselwirkung begründen können sollte. Die Festlegung der Mindestgröße erscheint insofern als sachlich wenig begründet und könnte dazu führen, dass kleinere Bäder künftig systematisch von der Möglichkeit der Querverbundintegration ausgeschlossen werden.

Ungeachtet der Entwurfsschreiben spiegelt das Entwurfsschreiben des BMF vom 07.10. 2024 vielfach die Vorschläge des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) und weiterer kommunaler Spitzenverbände wider. Die Rückmeldungen der kommunalen Spitzenverbände fließen derzeit in die Überarbeitung ein. Da der Entwurf weitgehend Zustimmung findet, besteht die Hoffnung, dass die Veröffentlichung eines finalen BMF-Schreibens nicht solange in Anspruch nehmen wird, wie dies bei dem aktuell geltenden BMF-Schreiben vom 11.05.2016 der Fall war. Hier gingen der Veröffentlichung des finalen BMF-Schreibens zwei Entwürfe voraus. Insofern bestehen vorsichtige Hoffnungen, dass eine Veröffentlichung noch in diesem Jahr oder zu Beginn des Jahres 2026 erfolgen könnte.

V. Politische Rückendeckung durch den Koalitionsvertrag 2025

Der Koalitionsvertrag 2025 zwischen SPD und CDU enthält erstmals seit Jahren wieder ein deutliches politisches Bekenntnis zum steuerlichen Querverbund. Die Koalition erkennt die Rolle des Querverbundes als „unverzichtbares Instrument für die Aufrechterhaltung der kommunalen Daseinsvorsorge“ ausdrücklich an.

Die Bundesregierung kündigt an, die bestehenden Strukturen erhalten und weiterentwickeln zu wollen. Insbesondere wird betont, dass auch neue Herausforderungen – etwa durch Digitalisierung und EU-Recht – berücksichtigt werden sollen.

Trotz dieses Bekenntnisses bleibt der Koalitionsvertrag inhaltlich vage. Zwar soll das BMF gemeinsam mit den Ländern eine Handreichung zur Rechtssicherheit entwickeln. Konkrete gesetzgeberische Maßnahmen sind jedoch (noch) nicht angekündigt. Auch wenn mittlerweile – insbesondere im Hinblick auf die BFH-Entscheidung zur Kettenzusammenfassung – vielfach eine gesetzliche Anpassung von Seiten des Gesetzgebers gefordert wird, bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber diesem Wunsch nachkommt. Im Rahmen der Einführung des § 8 Abs. 7 – 9 KStG wurde zutreffend argumentiert, dass es sich bei der Aufnahme dieser Regelungen um eine Konkretisierung des bisherigen steuerlichen Querverbundes gehandelt habe, daher nicht als Beihilfe im Sinne des AEUV zu qualifizieren sei. Der steuerliche Querverbund in seiner bisherigen Form wird von der wohl überwiegenden Auffassung als sogenannte Altbeihilfe angesehen, da es den steuerlichen Querverbund in dieser Form bereits vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Maastricht im Jahr 1992 gab. Würde der Gesetzgeber nunmehr jedoch Änderungen an diesem Konstrukt vornehmen, um bspw. eine Kettenzusammenfassung oder die im Entwurf des BMF-Schreibens genannten Alternativen zum BHKW gesetzlich zu normieren, kann nicht mehr von einer Altbeihilfe ausgegangen werden und diese Änderungen müssten aus Gründen der Rechtssicherheit wohl notifiziert werden. Aus diesem Grund bestehen auf Seiten der Finanzverwaltung auch entsprechende Bedenken gegen eine gesetzliche Regelung zum steuerlichen Querverbund und man beabsichtigt, sich wohl weiterhin mit BMF-Schreiben hierzu zu behelfen. Das Problem ist hierbei jedoch, dass die Rechtsprechung nicht an diese BMF-Schreiben gebunden ist und daher weiterhin auf Basis der bestehenden Rechtslage urteilt, sodass es wohl nicht zu einer Änderung der Rechtsprechung kommen wird.

Angesichts der aktuellen Rechtsunsicherheiten, sowohl aus nationaler als auch aus europäischer Sicht, wäre eine gesetzliche Klarstellung jedoch wünschenswert. Denkbar wären etwa Erweiterungen oder Präzisierungen in § 8 Abs. 7 KStG bzw. § 4 Abs. 6 KStG selbst oder flankierende Ausführungsbestimmungen.

VI. Fazit und Ausblick

Der steuerliche Querverbund bleibt auch im Jahr 2025 ein zentrales Instrument der kommunalen Daseinsvorsorgefinanzierung. Die jüngsten Entwicklungen auf Ebene der Rechtsprechung, des beihilferechtlichen Prüfungsverfahrens sowie der Verwaltungsauffassung verdeutlichen jedoch, dass die Anforderungen an die rechtssichere Gestaltung eines Querverbundes deutlich gestiegen sind.

Die Entscheidung des BFH zur Kettenzusammenfassung hat in der kommunalen Praxis erhebliche Unsicherheit ausgelöst. Insbesondere die vom BFH formulierte Anforderung, wonach für jedes einzelne Bad innerhalb eines zusammengefassten Bäder-BgA die Voraussetzungen eines steuerlichen Querverbundes erfüllt sein müssen, hätte – sofern von der Finanzverwaltung übernommen – weitreichende steuerliche Mehrbelastungen für zahlreiche Kommunen bedeutet. Mit der Entscheidung des BMF, die BFH-Rechtsprechung durch einen Nichtanwendungserlass für die Finanzverwaltung auszusetzen, hat sich jedoch für die betroffenen kommunalen Unternehmen zunächst eine gewisse Rechtssicherheit ergeben. Die Fortgeltung der bisherigen Verwaltungspraxis ermöglicht es Kommunen somit, die bisherigen Strukturen zur Verlustverrechnung innerhalb bestehender Querverbundmodelle aufrechtzuerhalten.

Gleichzeitig bleibt jedoch abzuwarten, ob und in welcher Form der Gesetzgeber oder die Finanzverwaltung in Zukunft eine gesetzliche oder verwaltungsseitige Klarstellung herbeiführen werden. Die Gefahr, dass bei künftigen Verfahren der BFH seine restriktive Linie beibehält und damit erneut Druck auf Verwaltung und Gesetzgeber ausübt, ist keineswegs gebannt.

Auch beihilferechtlich bleibt der Querverbund unter Beobachtung: Das laufende Prüfverfahren der Europäischen Kommission im Fall „WestVerkehr“ zeigt, dass sich die Diskussion zunehmend auf die europarechtliche Ebene verlagert. Unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens müssen Kommunen in der steuerlichen Ausgestaltung ihrer Querverbundmodelle künftig verstärkt darauf achten, Transparenz und Nichtdiskriminierung sicherzustellen, um eine unionsrechtskonforme Ausgestaltung zu gewährleisten.

Politische Rückendeckung erhält der steuerliche Querverbund derzeit vor allem durch die Aussagen im Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU aus dem Jahr 2025. Die darin enthaltene Absichtserklärung, den steuerlichen Querverbund rechtssicher zu erhalten und weiterzuentwickeln, ist zu begrüßen. Dennoch bleibt offen, in welcher konkreten Form diese politische Zielsetzung umgesetzt wird. Eine grundlegende gesetzliche Reform – etwa durch die Einführung eines speziellen Querverbundgesetzes oder durch Änderungen am Körperschaftsteuergesetz – könnte aus beihilferechtlichen Gründen einer Notifizierungspflicht unterliegen und erscheint daher derzeit unwahrscheinlich.

Insgesamt steht der steuerliche Querverbund an einem Scheideweg zwischen Kontinuität und Reformbedarf. Kommunen sind gut beraten, ihre bestehenden Strukturen weiterhin regelmäßig zu überprüfen, steuerliche Gestaltungsspielräume unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen zu nutzen und neue beihilferechtliche Risiken frühzeitig zu erkennen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob und inwieweit es der Bundesregierung gelingt, den Querverbund durch rechtssichere Regelungen dauerhaft abzusichern – und damit die wirtschaftlichen Grundlagen für eine leistungsfähige kommunale Daseinsvorsorge auch in der Zukunft zu erhalten.

  1. [1]
    Marcel Reinke ist als Rechtsanwalt und Steuerberater seit 2014 bei Rödl & Partner in Nürnberg tätig. Schwerpunktmäßig befasst sich Herr Reinke mit handels-, gesellschafts- und steuerrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Gründung von Unternehmen, der Veräußerung bzw. dem Erwerb von Unternehmen und Beteiligungen, der Umstrukturierung von Konzernstrukturen sowie der Beantwortung von umsatzsteuer- und grunderwerbsteuerrechtlichen Fragestellungen verschiedenster Art.

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