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Titel: Sinnhaftigkeit und Ausgestaltung von Weisungsrechten gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern
Datum: 01.05.2014
Artikeltyp: Aufsätze
Kategorien: Gesellschaftsrecht, Recht der kommunalen Betriebe, Verwaltungsrecht
Dokumentennummer: 14002763 ebenso Versorgungswirtschaft 5/2014, Seite 127

Sinnhaftigkeit und Ausgestaltung von Weisungsrechten gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern

- von Rechtsanwalt Dr. Michael Bormann, Düsseldorf -

(…)

III. Zulässigkeit eines Weisungsrechts gegenüber Mitgliedern in fakultativen Aufsichtsräten

Das BVerwG geht in seinem Urteil aus 20111 davon aus, dass der Gesellschaftsvertrag einer mitbestimmungsfreien GmbH abweichend von § 52 GmbHG Weisungen an Aufsichtsratsmitglieder zulassen kann. Damit entfaltet diese Entscheidung Bindungswirkung nicht nur für den Verwaltungsgerichtszug, sondern auch für andere Bundesgerichte wie den Bundesgerichtshof, denn der Bundesgerichtshof kann erst nach Anrufung des Gemeinsamen Senats von der Rechtsprechung des vorgenannten Urteils des Verwaltungsgerichts abweichen, §§ 1 ff. RsprEinhG. Vor diesem Hintergrund wird man für die Praxis davon ausgehen müssen, dass bei mitbestimmungsfreien Gesellschaften Weisungen an Aufsichtsratsmitglieder zulässig sind.

Zu überzeugen vermag die Auffassung des BVerwG gleichwohl nicht: Von einem Aufsichtsrat erwartet der Rechtsverkehr zu Recht, dass er die Geschäftsführung überwacht; eine Überwachung durch weisungsabhängige Aufsichtsratsmitglieder ist aber faktisch nicht möglich.2 Damit handelt es sich bei einem solchen Organ, dessen Mitglieder an Weisungen gebunden sind, nicht um einen Aufsichts-, sondern um einen falsch bezeichneten Beirat. Folgenlos bleiben kann eine solche Falschbezeichnung allerdings nicht.3 Da das zu schützende Vertrauen des Rechtsverkehrs gerade an die Bezeichnung des Organs anknüpft, ist die (Falsch)Bezeichnung wesentlich. Folglich hat das Registergericht die Eintragung eines Gesellschaftsvertrages, der ein Weisungsrecht gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern enthält, zu verweigern. Wird eine entsprechende Regelung gleichwohl eingetragen, so ist diese entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig und kann nicht durchgesetzt werden - etwaig erteilte Weisungen dürfen nicht befolgt werden.

Ein nennenswerter Nachteil für die Kommunen resultiert aus der hier vertretenen Auffassung nicht: …

1 BVerwG v. 31.8.2011 - 8 C 16/10, GmbHR 2011, 1205 ff.; siehe auch OVG Münster v. 24.4.2009 - 15 A 2592/07, AG 2009, 840 ff.; vergl. auch OVG Bautzen v. 3.7.2012 -4 B 211/12, GmbHR 2013, 35 f.; VGH Hessen v. 9.2.2012 - 8 A 2043/10, DVBl. 2012, 647.

2 Ebenso Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 52, Rdnr. 130, Uwe H. Schneider, in: Scholz, GmbHG, § 52, Rn 327; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198; Keßler, GmbHR 2000, 71, 77; Vetter, GmbHR 2011, 449, 457 f.; kritisch gegenüber einem Weisungsrecht auch MüKo-GmbHG/Spindler, § 52, Rdnr. 200; Raiser/Heermann, in: Ulmer/Habersack/Winter, Großkomm-GmbHG, § 52 Rn. 147; Giedinghagen, in: Michalski GmbHG, § 52 Rn. 174.

3 So aber Lutter/Krieger/Vierse, Aufsichtsrat, Rn. 1429; die in GmbHR 2013, 36 vertretene gegenteilige Auffassung wird hiermit aufgegeben.

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