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Titel: Wirkt sich die Umsatzsteuer-Rechtsprechung, insbesondere zur Vermögensverwaltung, auf die Körperschaftsteuer aus?
Datum: 01.11.2012
Artikeltyp: Aufsätze
Kategorien: EU-Recht, Körperschaftssteuer/SolZ, Recht der kommunalen Betriebe, Umsatzsteuer
Dokumentennummer: 12002002 ebenso Versorgungswirtschaft 10/2012, Seite 259

Wirkt sich die Umsatzsteuer-Rechtsprechung, insbesondere zur Vermögensverwaltung, auf die Körperschaftsteuer aus?

Abstract

Der Beitrag von Dipl.-Bw. (FH) / Dipl.-Vw. / Dipl.-Hdl. Martin Kronawitter behandelt die Frage: Wirkt sich die Umsatzsteuer-Rechtsprechung, insbesondere zur Vermögensverwaltung, auf die Körperschaftsteuer aus? Ausgehend von den drei EuGH-Entscheidungen - Marktgemeinde Welden, Isle of Wight Council, Salix – wird zunächst die aktuelle Umsatzsteuer-Rechtsprechung zur juristischen Person des öffentlichen Rechts (jPdöR) dargestellt. Hierbei führt der Autor auch die verschiedenen Verfahren des BFH an, in denen der BFH eine richtlinienkonforme und wettbewerbsorientierte Auslegung des Unternehmerbegriffs von jPdöR fortentwickelt hat.

Im Folgenden prüft der Autor, ob es eine Rückkopplung der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft, insbesondere in Bezug auf vermögensverwaltende Tätigkeiten, auf die - in Europa nicht harmonisierte - Körperschaftsteuer gibt. Anders formuliert: „Wird die (bloße) Vermögensverwaltung einer jPdöR in einen „Betrieb gewerblicher Art“ i.S. des § 4 KStG umgewidmet?“ Neben der Abgrenzung der Vermögensverwaltung vom Betrieb gewerblicher Art (BgA) geht der Beitrag in diesem Zusammenhang auf folgende Punkte ein: Umwidmung der Vermögensverwaltung in einen BgA, die von der Finanzverwaltung angewendeten Umsatzgrenzen bei der Körperschaftsteuer-Veranlagung sowie der verbleibende Umfang der Vermögensverwaltung im Bereich der Körperschaftsteuer.


Leseprobe

- von Dipl.-Bw. (FH) / Dipl.-Vw. / Dipl.-Hdl. Martin Kronawitter, Untergriesbach -

Marktgemeinde Welden, Isle of Wight Council, Salix - vor allem diese drei EuGH-Entscheidungen haben die Umsatzbesteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts in letzter Zeit spürbar reformiert. Seitdem schwanken insbesondere Gemeinden mit ihren vermögensverwaltenden und wirtschaftlichen Betätigungen zwischen der Umsatzsteuerfreiheit nach deutschem UStG einerseits und der Umsatzsteuerpflicht nach der entsprechenden EU-Richtlinie. Für Unsicherheit sorgt im Übrigen auch die Frage, ob sich die neuen, vom Gemeinschaftsrecht geprägten Rechtsentwicklungen auf die Besteuerung im Bereich der Körperschaftsteuer auswirken. Hier werden nach einem ausführlichen Überblick über die EuGH- und BFH-Rechtsprechung zur Umsatzsteuer die daraus resultierenden körperschaftsteuerlichen Folgen dargestellt.

1. Einleitung

Im Steuerrecht sorgt bei den juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) und deren Betrieben derzeit kein Thema für so viel Aufmerksamkeit wie die dem Wettbewerbsgedanken folgende Rechtsprechung des EuGH und des BFH zur Umsatzsteuer. Nachdem bei Betrieben gewerblicher Art (BgA) die maßgebliche EU-Richtlinie und die hierzu ergangenen Urteile einerseits und das deutsche UStG andererseits eine nicht ganz deckungsgleiche Auffassung in Bezug auf die Begründung der Umsatzsteuerpflicht von Kommunen zeigen, suchen die Verantwortlichen in den Rathäusern und ihre Berater nach Optimierungspotentialen in Sachen Umsatzsteuer, respektive Vorsteuerabzug. Völlig unklar ist indes die Frage, ob und in welcher Form sich die neueren Entscheidungen zur Umsatzsteuer auf die Besteuerung von BgA im Bereich der Körperschaftsteuer auswirken. In diesem Beitrag wird der Umfang der Ertragssteuerpflicht skizziert.

2. Vorgaben der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie und deren mangelhafte Umsetzung im UStG

Mit 414 Artikeln hat die Richtlinie 2006/112/EG vom 28.11.2006 (MwStSystRL)1 das Umsatzsteuerrecht in der Europäischen Union bis ins Detail harmonisiert. Auf kommunaler Ebene rufen dabei v.a. die Vorschriften zur Steuerpflicht Unsicherheit hervor. Nach Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL gilt generell als Steuerpflichtiger, „wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.“ Weiter werden wirtschaftliche Tätigkeiten definiert als „alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.“

Art. 13 MwStSystRL bestimmt daraufhin speziell für Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts, dass diese nicht als Steuerpflichtige gelten, „soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen …“ (Abs. 1 Unterabs. 1). Sofern eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige jedoch zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde, sind sie sogar für diese im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausgeübte Tätigkeiten oder Umsätze steuerpflichtig (Wettbewerbsklausel nach Abs. 1 Unterabs. 2). In Bezug auf die in Anhang I zur MwStSystRL genannten Tätigkeiten (Fernmeldewesen, Strom-, Gas-, Wasser-, Wärmeversorgung, Personen- und Güterverkehr usw.) gelten die Einrichtungen des öffentlichen Rechts „in jedem Fall als Steuerpflichtige, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist“ (Abs. 1 Unterabs. 3). Nach Art. 13 Abs. 2 MwStSystRL können Mitgliedstaaten die Tätigkeiten von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die nach den Art. 132, 135, 136, 371, 374 bis 377, dem Art. 378 Abs. 2, dem Art. 379 Abs. 2 sowie den Art. 380 bis 390 MwStSystRL von der Mehrwertsteuer befreit sind, als Tätigkeiten behandeln, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen.

Das deutsche Umsatzsteuerrecht knüpft in anderer Weise an die Steuerpflicht von jPdöR an. So ist nach bisherigem Verständnis (umsatzsteuerlicher) Unternehmer, „wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird“ (§ 2 Abs. 1 UStG). Nach § 2 Abs. 3 UStG sind jPdöR aber „nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 des Körperschaftsteuergesetzes) und ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig.“ Die Merkmale eines BgA sind in § 4 KStG aufgeführt (Einrichtung, Nachhaltigkeit, wirtschaftliche Tätigkeit, Erzielung von Einnahmen, kein Hoheitsbetrieb, keine Land- und Forstwirtschaft, keine Vermögensverwaltung i.S. des § 14 Satz 3 AO). …

1 ABl. EG 2006 Nr. L 347/1.

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