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Titel: Juristische Personen des öffentlichen Rechts als umsatzsteuerliche Unternehmer, insbesondere der regenerativen und abfallbasierten Energieversorgung
Datum: 01.02.2012
Artikeltyp: Aufsätze
Kategorien: Abgabenordnung, EEG, EU-Recht, Körperschaftssteuer/SolZ, KWK-G, Recht der kommunalen Betriebe, Umsatzsteuer
Dokumentennummer: 12001386 ebenso Versorgungswirtschaft 2/2012, Seite 33

Juristische Personen des öffentlichen Rechts als umsatzsteuerliche Unternehmer, insbesondere der regenerativen und abfallbasierten Energieversorgung

Abstract

In seinem Artikel setzt sich Dipl.-Bw.(FH)/Dipl.-Vw./Dipl.-Hdl. Martin Kronawitter mit der Thematik Juristischer Personen des öffentlichen Rechts als umsatzsteuerliche Unternehmer, insbesondere der regenerativen und abfallbasierten Energieversorgung, auseinander. Im Zuge der Energiewende bieten sich den Kommunen zunehmend vielfältige Möglichkeiten der regenerierten und abfallbasierten Energieerzeugung: Verpachtung von Dachflächen (Photovoltaik), der eigene kommunale Betrieb von Photovoltaik-Anlagen, klär- oder deponiegasbefeuerte Blockheizkraftwerke oder Abfallverbrennungsanlagen. Dabei stellt sich immer auch die Frage, inwieweit die Kommune unternehmerisch bzw. wirtschaftlich in umsatzsteuerrechtlicher Sicht handelt. Detailliert verschafft der Beitrag dem Leser einen Überblick über die nationale und gemeinschaftsrechtliche Rechtslage unter Anknüpfung der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft einerseits und der EU-Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) andererseits.


Leseprobe

Juristische Personen des öffentlichen Rechts als umsatzsteuerliche Unternehmer, insbesondere der regenerativen und abfallbasierten Energieversorgung

von Dipl.-Bw.(FH)/Dipl.-Vw./Dipl.-Hdl. Martin Kronawitter, Untergriesbach -

Kommunen und ihre Betriebe entwickeln sich in letzter Zeit zu den Vorreitern in der Energiewende. Auf städtischen Dächern werden Photovoltaik-Anlagen installiert, Windparks werden initiiert und sogar aus Abwasser und Abfall wird mittels Blockheizkraftwerken oder Vergärungsanlagen Elektrizität gewonnen. Umsatzsteuerlich handeln sie hierbei unter mittlerweile undurchsichtigen Rahmenbedingungen, nachdem der EuGH die Jahrzehnte geltenden, deutschen Grundsätze zur Unternehmereigenschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (jPdöR) verworfen hat. In diesem Beitrag wird zunächst die nunmehr vertretene Rechtsauffassung hinsichtlich der unternehmerischen Betätigung einer Kommune grundlegend dargestellt, ehe es diese auf die Besteuerung der regenerativen und abfallbasierten Energieerzeugung zu übertragen gilt. Schließlich sind die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 2.1.2012 zur Vorsteuerabzugsberechtigung zu erörtern.

1. Steuerliche Sphären einer juristischen Person des öffentlichen Rechts

1.1 Überblick

Die steuerlichen Sphären einer jPdöR (Gemeinde, Zweckverband, kommunale Anstalt) stellen sich im Überblick wie folgt dar:

HoheitsbetriebBetrieb gewerblicher ArtVermögensverwaltung
Hoheitliche Tätigkeiten dienen der Ausübung der öffentlichen Gewalt (§ 4 Abs. 5 KStG). Sie sind der jPdöR eigentümlich und vorbehalten.1Hilfsgeschäfte sowie die Amtshilfe gegenüber anderen Behörden fallen ebenso hierunter.BgA sind alle Einrichtungen mit Ausnahme der Hoheits-betriebe, die einer nachhal-tigen wirtschaftlichen Tätig-keit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und sich innerhalb der Gesamtbetätigung der jPdöR wirtschaftlich herausheben (§ 4 Abs. 1 KStG).2 Eine Vermögensverwaltung liegt vor, wenn das Vermögen der jPdöR genutzt wird (§ 14 Satz 3 AO).
Beispiele: Abwasserentsorgung3, Entsorgung von Abfall aus privaten Haushalten4, Straßenbeleuchtung5Beispiele: Entsorgung von DSD-Abfall6, Strom-, Gas-, Wasser- und Wärmeversorgung, ÖPNV7, Telekommunikation8Beispiele: Vermietung von Räumen, Verzinsliche Anlage von Kapitalvermögen
Keine KörperschaftsteuerpflichtUnbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 i. V. mit § 4 KStG); gesonderte Einkommens-ermittlung; ggf. Zusammen-fassung mit anderen Betrieben möglich (§ 4 Abs. 6 KStG); Steuersatz von 15 %.Grundsätzlich keine Körper-schaftsteuerpflicht; beschränkte Steuerpflicht nach § 2 Nr. 2 KStG mit inländischen Einkünften, die dem Steuerabzug unterliegen; Körperschaftsteuer ist durch den Steuerabzug abgegolten (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG); eine Veranlagung erfolgt nicht.
Keine UmsatzsteuerpflichtUnbeschränkte Umsatz-steuerpflicht nach § 2 Abs. 3 UStG i. V. mit § 4 KStGKeine Umsatzsteuerpflicht nach UStG; jPdöR kann sich auf Art. 13 MwStSystRL berufen (v. a. bei Wettbewerbssituationen und Katalogtätigkeiten)
Die verschiedenen Tätigkeiten der jPdöR sind für sich zu beurteilen. Lässt sich eine Tätigkeit nicht klar dem hoheitlichen oder dem wirtschaftlichen Bereich zuordnen, ist auf die überwiegende Zweckbestimmung der Tätigkeit abzustellen (R 6 Abs. 3 KStR).


Da mit der Einstufung von kommunalen Aufgaben die Körperschaft- und Umsatzsteuerpflicht steht und fällt, ist die Klassifikation der jeweiligen Tätigkeit nicht selten Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten.

1 OFGH v. 30.7.1949, I D 4/49 S, StuW 1950 II Nr. 6; BFH v. 15.3.1972, I R 232/71, BStBl 1972 II S. 500; BMF v. 11.12.2009, IV C 7 - S 2706/07/10006, BStBl 2009 I S. 1597.

2 Vgl. hierzu Kronawitter, Die Körperschaftsteuer der Gemeinden und ihrer Betriebe gewerblicher Art, Boorberg Verlag 2012 (im Erscheinen).

3 R 9 Abs. 1 KStR.

4 BFH v. 23.10.1996, I R 1-2/94, BStBl 1997 II S. 139.

5 BFH v. 7.5.1975, V R 144/72, BStBl 1975 II S. 751.

6 OFD Hannover v. 13.8.2007, S 7106 - 171 - StO 172, Versorgungswirtschaft 2008, S. 123, vkw-online.eu DokNr. 08000611.

7 § 4 Abs. 3 KStG.

8 BMF v. 12.11.2009, IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl 2009 I S. 1303, Rz. 13.

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